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Die 12 Burnout-Phasen

Die 12 Burnout-Phasen nach Freudenberger erklärt, Vor- und Nachteile von Modelle


Immer mehr wird in den sozialen Medien über psychische Beschwerden offen gesprochen. Das kann dazu führen, dass wir uns in vielen beschriebenen Situationen wiederfinden. Da liegt es nahe fundiertere Recherchen anzustellen. Für viele Menschen ist es erst einmal erleichternd, wenn sie ihre Beschwerden einordnen können. Denn das bedeutet, dass es Behandlungsmöglichkeiten und unterschiedliche Verläufe geben kann. Diese Verläufe werden dabei meist in Phasen beschrieben. Hierzu dienen uns einfache Darstellungen, erklärt in einfacher Sprache. Gerade das im Arbeitskontext häufig auftretende Burnout-Syndrom soll in diesem Artikel mit den Phasen nach Freudenberger vorgestellt werden. Dabei sei allerdings auch erwähnt, dass die Diagnose von psychischen Erkrankungen oder Syndromen ausschließlich FachärztInnen vornehmen.

Burnout-Phasen nach Freudenberger. Eigene Darstellung

Modelle: zwischen Theorie und Praxis

Bei der Beschreibung von Erkrankungen - sei es körperlich oder psychisch - anhand von Modellen handelt es sich um theoretische Modelle. Modelle haben den Vorteil, komplexe Sachverhalte einfach darzustellen. Der Nachteil daran ist, dass wir die Theorie gerne in die Praxis übertragen und somit unsere Beschwerden kategorisch einordnen möchten. So einfach ist dies wiederum nicht. (Phasen)Modelle geben uns allerdings Hinweise auf die Entwicklung von Beschwerden. Speziell die hier beschriebenen Burnout-Phasen können uns einen ersten Überblick verschaffen, dazu dienen, uns besser zu reflektieren und bei einem Verdacht letztlich Unterstützung suchen. Dennoch sei an der Stelle erwähnt, dass Beschwerden unterschiedlich verlaufen können und wir Einfluss- und Bewältigungsmöglichkeiten haben, zugleich nicht alles sofort in Schubladen stecken sollten.


Weitere Burnout-Modelle

Neben den 12 Burnout-Phasen nach Freudenberger wurde in den darauffolgenden Jahren weitere Modelle entwickelt. Zu nennen sind hier das 7-Phasen-Modell nach Prof. Burisch, die 5 Burnout-Phasen nach Edelwich & Brodsky oder die 3-Phasen nach Maslach. Von Christina Maslach existiert auch das Maslach Burnout Inventory (MBI), das bekannte Testinstrument zur Evaluierung des Burn-out-Syndroms. Unabhängig davon, welche Burnout-Phasen wir betrachten, kann es für uns hilfreich sein, einen Eindruck von möglichen Symptomen zu gewinnen.


Die Phasen nach Herbert J. Freudenberger

In der Fachliteratur wurde der Begriff "Burnout" das erste Mal im Jahr 1974 von Psychoanalytiker Herbert J. Freudenberger eingeführt. Er beschrieb dabei 12 Phasen. Mittlerweile existieren unterschiedliche Burnout-Phasenmodelle, von denen bislang noch keines wissenschaftlich bestätigt wurde. Die Annahmen stammen meist aus der (beobachtenden) Praxis und Erfahrung. Bei einem theoretischen Modell müssen die folgenden Phasen nicht zwingend in der angegeben Reihenfolge auftreten und können in ihrer Intensität variieren.


Burnout-Phasen nach Freudenberger. Eigene Darstellung

Phase 1: Der Zwang, sich zu beweisen

Die erste Phase ist von Perfektionismus gekennzeichnet. Sie versuchen, alles perfekt zu erledigen, leiden unter Versagensängsten, haben hohe Erwartungen an sich selbst und sind von übersteigertem Ehrgeiz und Perfektionismus getrieben. Sich beweisen zu wollen geht damit einher. Sie übersehen ihre eigenen Grenzen und stellen ihre Bedürfnisse zurück. Allein die Vorstellung, im Job nicht alles zu schaffen, fällt ihnen schwer.


Phase 2: Verstärkter Einsatz

In dieser Phase verstärkt sich der Perfektionismus aus der ersten Phase, und Betroffene sind bereit, freiwillige und unbezahlte Mehrarbeit zu leisten. Sie haben das Gefühl, alles alleine und schnell erledigen zu müssen, und das Abgeben von Aufgaben fällt ihnen schwer. Die Dringlichkeit, Aufgaben selbst und rasch zu erledigen, nimmt zu, wodurch das Delegieren noch schwieriger wird.


Phase 3: Vernachlässigung eigener Bedürfnisse

In dieser Phase empfinden Betroffene den Zustand der Überarbeitung als normal und sogar angenehm, wobei soziale Bedürfnisse in den Hintergrund treten. ArbeitskollegInnen, die diesen Bedürfnissen nachgehen, werden manchmal abgewertet. Der Lebensstil wird ungesünder, mit zu wenig Schlaf und möglicherweise erhöhtem Konsum von Kaffee, Aufputschmitteln oder Zigaretten. Dabei können auch erste Fehler bei der Arbeit auftreten.


Phase 4: Verdrängung von Konflikten

In dieser Phase können Schlaflosigkeit und psychosomatische Beschwerden auftreten, die jedoch kaum wahrgenommen werden. Konflikte mit PartnerInnen und KollegInnen sowie Fehlleistungen im Job, wie Zuspätkommen und vergessene Termine, häufen sich. Diese Konflikte und körperlichen Symptome werden verdrängt, und es kommt vermehrt zu Unpünktlichkeit und weiteren Fehlern.


Phase 5: Umdeutung von Werten

Hier steht die Arbeit an erster Stelle, während Familie, Freunde und Hobbys vernachlässigt werden. Betroffene wirken härter, ihre Wahrnehmung verändert sich und sie stumpfen ab, sind weniger empathisch. Der Zeitbezug ist gestört, es gibt nur noch die Gegenwart, und der persönliche Horizont verengt sich. Die volle Aufmerksamkeit gilt der Arbeit, und es bleibt keine Zeit mehr für sich selbst.


Phase 6: Verleugnung der Probleme

Diese Phase ist gekennzeichnet von Zynismus, Verbitterung und zunehmend aggressiven Umgangston. Sie isolieren sich und ihre Leistungsfähigkeit nimmt deutlich ab, begleitet von verstärkten körperlichen Beschwerden.


Phase 7: Rückzug

In dieser Phase empfinden Betroffene soziale Kontakte (Familie, Freunde, PartnerIn) als Belastung und erleben Orientierungs- und Hoffnungslosigkeit. Sie suchen Ersatzbefriedigungen wie Essen, Alkohol, Drogen, Spielen oder Sex. Beruflich wird nur noch das Nötigste getan, während psychosomatische und körperliche Symptome zunehmen. Betroffene sind nicht mehr kritikfähig und fühlen sich grundsätzlich abweisend.


Phase 8: Verhaltensänderung

In dieser Phase werden Betroffene apathisch und werten alles als Angriff. Jede zusätzliche Arbeitsanforderung wird als Belastung empfunden, und sie suchen Ausflüchte. Der soziale Rückzug schreitet voran, begleitet von Selbstmitleid, Einsamkeit und zunehmender Gleichgültigkeit. Betroffene reagieren empfindlich und misstrauisch gegenüber anderen.


Phase 9: Depersonalisation

In Phase 9 fühlen sich Betroffene nicht mehr wie sie selbst. Sie empfinden ihr Leben als sinnlos. Sie sehen sich als Maschinen, die nur noch funktionieren müssen, und vernachlässigen ihre Gesundheit und Körperhygiene. Seelische und körperliche Beschwerden wie Magen-Darm-Probleme und Herz-Kreislauf-Erkrankungen treten verstärkt auf.


Phase 10: Innere Leere

Betroffene fühlen sich extrem leer und nutzlos, sind ängstlich und können sogar Panikattacken erleben.


Phase 11: Depression

Das Stadium der Depression ist durch tiefe Verzweiflung, Selbsthass und Erschöpfung geprägt. Es herrscht ein starkes Bedürfnis in den Dauerschlaf zu verfallen. Ebenso wie nicht mehr aufzuwachen. Was auch mit Suizidgedanken einhergeht.


Phase 12: Völlige Erschöpfung

In dieser Phase kommt es zu einem vollständigen körperlichen, psychischen und emotionalen Zusammenbruch, der einen absoluten Notfall darstellt. Die Erschöpfung ist extrem, sowohl psychisch als auch körperlich, und es kann zu körperlichen Krankheiten kommen. Die Betroffenen benötigen dringend schnelles Handeln.


In welcher Phase wir uns oder andere befinden, ist letztendlich nicht entscheidend. Entscheidend ist, dass wir besonders gut auf uns achten und nach Unterstützung fragen, sobald wir anfangen zu leiden.

Unterstützung benötigt?

Auf unserer Support-Seite findest du zahlreiche Vorschläge für Unterstützungsmöglichkeiten.


 

Dieser Beitrag wurde von Melanie Faltermeier verfasst

 

Quellen:


Freudenberger H: Staff burn-out. J Soc Issues 1974; 30: 159–165.


Freudenberger H, North G: Burnout bei Frauen. Frankfurt am Main: Krüger, 1992

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