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Distress und Eustress im Arbeitsleben

Wie das richtige Framing die Wahrnehmung von Stress beeinflussen kann

In der heutigen Arbeitswelt ist Stress fester Bestandteil des Alltags für viele berufstätige Personen und wird in der Regel als negativ betrachtet. Doch Stress ist nicht immer nur schlecht; tatsächlich kann er – richtig verstanden und genutzt – auch produktiv und motivierend wirken. In der Psychologie wird zwischen „Distress“, also negativem Stress, und „Eustress“, positivem Stress, unterschieden. Die Unterscheidung und das bewusste „Framing“, also die gezielte Wahrnehmungslenkung von Stress, können dazu beitragen, die negativen Folgen von Stress zu verringern und die positiven Aspekte zu fördern.

Ein Bürobild mit zwei kontrastierenden Szenen: Auf der linken Seite sitzt ein gestresster Mann an einem unordentlichen Schreibtisch mit Papieren, die herumliegen. Über ihm steht das Wort „Distress“. Auf der rechten Seite sitzt eine lächelnde Frau an einem aufgeräumten Schreibtisch mit Pflanzen und Sonnenlicht. Über ihr steht das Wort „Eustress“. Das Bild zeigt den Unterschied zwischen negativem Stress (Distress) und positivem Stress (Eustress) im Arbeitsumfeld.

Distress und Eustress: Was ist der Unterschied?

Stress wird häufig als belastend empfunden, weil der Begriff vor allem mit negativen Assoziationen behaftet ist. „Distress“ beschreibt diesen negativen Stress, der durch Überforderung und fehlende Kontrolle entsteht und oft mit Angst, Anspannung und einem Gefühl der Hilflosigkeit einhergeht (Schneider et al., 2020). Distress führt zu körperlichen und psychischen Beschwerden wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Angstzuständen und wirkt sich langfristig negativ auf die Gesundheit und Leistung aus (Lazarus, 1993).


Eustress hingegen bezeichnet positiven Stress, der zwar ebenfalls eine Herausforderung darstellt, jedoch mit positiven Emotionen wie Vorfreude und Engagement verbunden ist. Menschen im Eustress-Modus erleben Stress als motivierend und sehen ihn als eine Gelegenheit, zu wachsen und sich zu verbessern. Eustress kann daher zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit beitragen und ein Gefühl der Erfüllung und Zufriedenheit erzeugen (Simmons & Nelson, 2007). Entscheidend ist hier die subjektive Wahrnehmung: Während Distress als Bedrohung empfunden wird, sehen Menschen Eustress als eine Herausforderung, die es zu bewältigen gilt (Selye, 1974).



Die Rolle des Framings: Wahrnehmung beeinflussen, Stress besser bewältigen

Framing beschreibt, wie Ereignisse und Informationen durch unsere Perspektive interpretiert werden. Ein bewusster Umgang mit Framing kann dabei helfen, Stress im Arbeitsleben positiv zu interpretieren. Studien zeigen, dass die Art und Weise, wie wir Stress wahrnehmen und „rahmen“, unsere körperliche und psychische Reaktion maßgeblich beeinflusst. Insbesondere das kognitive Umdeuten – oder „Reframing“ – von Stress als Herausforderung statt als Bedrohung kann helfen, Distress in Eustress zu wandeln (Jamieson et al., 2012).


Ein Beispiel:

Angenommen, Sie müssen eine wichtige Präsentation vor einem großen Publikum halten. Wenn Sie die Situation als „zu große Belastung“ empfinden, verspüren Sie wahrscheinlich Distress – das Herz rast, die Hände zittern, und Sie fühlen sich überwältigt. Wenn Sie die Präsentation jedoch als Gelegenheit sehen, sich zu beweisen und weiterzuentwickeln, kann dies Eustress auslösen. In diesem Fall ist die körperliche Reaktion ähnlich (Herzrasen, gesteigerte Wachsamkeit), doch die emotionale Erfahrung ist positiv und gibt Ihnen Energie und Fokus (McGonigal, 2015).



Praktische Tipps: Wie das richtige Framing am Arbeitsplatz gelingen kann

1. Bewusstsein schaffen:

Der erste Schritt, um Stress positiv zu nutzen, besteht darin, das eigene Stressempfinden zu reflektieren. Welches Stresslevel ist für Sie förderlich? Wann kippt Stress in den negativen Bereich? Indem Sie Ihre eigene Wahrnehmung schulen,können Sie besser erkennen, ob Sie sich gerade in Distress oder Eustress befinden (Crum et al., 2013).


2. Herausforderungen als Chancen sehen:

Ein Reframing von „Problemen“ zu „Herausforderungen“ hilft, die eigene Denkweise zu verändern. Beispielsweise könnten Sie anstelle von „Ich muss eine schwierige Aufgabe erledigen“ sagen: „Ich habe die Gelegenheit, meine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen“. Dieses gezielte Framing stärkt das Gefühl der Kontrolle und fördert Eustress (Simmons & Nelson, 2007).


3. Mentale Übung und Achtsamkeit:

Entspannungsübungen und Achtsamkeit helfen, Distress zu reduzieren und die eigene Aufmerksamkeit neu zu fokussieren. Indem Sie regelmäßig Achtsamkeit trainieren, lernen Sie, stressige Situationen mit einem distanzierten Blick zu betrachten und bewusster mit Stress umzugehen (Jamieson et al., 2012).


4. Offener Umgang mit Stress im Team:

Arbeitgeber sollten ihre MitarbeiterInnen dazu ermutigen, offen über Stress zu sprechen und ihn nicht nur als negativ anzusehen. Eine Kultur der Akzeptanz kann dabei helfen, dass Teammitglieder Stress eher als Eustress wahrnehmen und sich gegenseitig bei der Stressbewältigung unterstützen (Schneider et al., 2020).


Fazit: Stress als potenziell positiver Begleiter im Arbeitsleben

Stress ist ein unvermeidbarer Bestandteil des Arbeitslebens, aber er muss nicht zwangsläufig negativ sein. Durch das richtige Framing können wir lernen, Distress zu verringern und Eustress zu fördern. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich die Möglichkeiten des Framings zunutze machen und Stress nicht nur als Belastung sehen, sondern auch als eine Chance für Wachstum und Entwicklung.

Die Fähigkeit, Stress als positiv und motivierend zu erleben, ist entscheidend für die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden im Arbeitsleben.
 

Dieser Beitrag wurde von Marie Devingtel verfasst und von Melanie Faltermeier veröffentlicht.

 

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Quellen:

Crum, A. J., Salovey, P., & Achor, S. (2013). Rethinking stress: The role of mindsets in determining the stress response. Journal of Personality and Social Psychology, 104(4), 716-733. https://doi.org/10.1037/a0031201


Jamieson, J. P., Mendes, W. B., & Nock, M. K. (2012). Improving acute stress responses: The power of reappraisal. Current Directions in Psychological Science, 21(2), 122-127. https://doi.org/10.1177/0963721411429451


Lazarus, R. S. (1993). From psychological stress to the emotions: A history of changing outlooks. Annual Review of Psychology, 44, 1-21. https://doi.org/10.1146/annurev.ps.44.020193.000245


McGonigal, K. (2015). The upside of stress: Why stress is good for you, and how to get good at it. Avery.


Schneider, T. R., Lyons, J. B., & Khazon, S. (2020). Stress Mindset: A Potential Asset for the Motivational and Cognitive Functioning of Those With Learning Disabilities. Journal of Learning Disabilities, 53(5), 389–400. https://doi.org/10.1177/0022219420913480


Selye, H. (1974). Stress without distress. Lippincott Williams & Wilkins.


Simmons, B. L., & Nelson, D. L. (2007). Eustress at work: Extending the holistic stress model. Management Research News, 30(9), 739-746. https://doi.org/10.1108/01409170710823447

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